Katja Huber, 29.07.2025

Barrierefreiheit im E-Commerce: Wichtige Anforderungen und Umsetzung des BFSG

Mit Inkrafttreten des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes BFSG am 28.06.2025 wird die EU-Richtlinie 2029/882 in nationales Recht umgesetzt. Ziel ist es, Verbrauchern die Teilhabe am Wirtschaftsleben zu erleichtern, indem digitale Angebote barrierefrei gestaltet werden. Soweit Sie als Unternehmer ein Online-Angebot an Verbraucher richten, sollten Sie prüfen, ob Sie unter die Regelungen des BFSG fallen.

Anwendungsbereich des BFSG

Das BFSG nennt in § 1 Abs. 2 bestimmte Produkte, die physisch, technisch und bedienungsbezogen barrierefrei gestaltet sein müssen, wie z.B. Mobiltelefone, Computer, Zahlungsterminals oder interaktive Geräte. Daneben gilt das BFSG für die Erbringung von bestimmten Dienstleistungen. Besonders relevant ist der Bereich des gesamten elektronischen Geschäftsverkehrs.

Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr

Grundsätzlich sind alle Dienste erfasst, die auf individuelle Anfrage eines Verbrauchers im Hinblick auf den Abschluss eines Verbrauchervertrages im elektronischen Geschäftsverkehr erbracht werden. Wenn Sie beispielsweise auf Ihrer Homepage einen Webshop oder ein Tool zur Buchung von Terminen für Ihre Dienste (z.B. für Friseur− oder Arzttermine) oder eine Liefer-App z.B. für die Bestellung von Essen anbieten, sind Sie verpflichtet, die Barrierefreiheit Ihres Dienstes sicherzustellen.

Ausnahmen für Kleinstunternehmen

Kleinstunternehmen mit weniger als zehn Angestellten und einem Jahresumsatz oder einer Bilanzsumme von höchstens 2 Millionen Euro sind vom Anwendungsbereich des Gesetzes ausgenommen. Sofern Kleinstunternehmen eines der in § 1 Abs. 2 BFSG genannten Produkte anbieten, müssen die Produkte jedoch selbst den gesetzlichen Anforderungen genügen.

Verbrauchervertrag

Das Gesetz umfasst nicht nur entgeltliche Online-Verträge über Webshops oder Apps, sondern auch unentgeltliche Dienste, die z.B. eine Registrierung des Verbrauchers auf einer Website erfordern. Im Einzelfall sollte bei jedem digitalen Dienst geprüft werden, ob der für einen Vertragsschluss notwendige Rechtsbindungswille vorhanden ist. Nicht betroffen sind Webseiten, die lediglich allgemeine Informationen zu Produkten und Dienstleistungen des Unternehmens bereitstellen, sodass gerade noch kein konkretes Vertragsangebot unterbreitet wird.

Was bedeutet barrierefrei im Sinne des BFSG?

Die Anforderungen an die einzelnen Produkte und Dienstleistungen werden in der Verordnung zur Umsetzung des BFSG konkretisiert. Werden bestimmte technische Normen, DIN- oder ISO-Standards erfüllt, wird die Einhaltung der Anforderungen zur Barrierefreiheit vermutet, wie z.B. bei der europäischen Norm EN 301 549 Portal Barrierefreiheit – EN 301 549.

Die Anforderungen, die beispielsweise an eine barrierefreie Webseite gestellt werden, betreffen die Zugänglichkeit und Gestaltung des Angebots sowie die Bereitstellung von Informationen. Angebote müssen für Menschen mit Behinderung grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sein. Dies bedeutet, dass z.B.

  •  Angebote in mehr als einem sensorischen Kanal zur Verfügung stehen müssen, indem z.B. Alternativtexte für Bilder, Untertitel für Videos und Audiodateien oder Formulare, Schaltflächen und Eingabefelder von Screenreadern vorgelesen werden können.
  • Texte müssen verständlich und gut lesbar sein. So muss z.B. ein ausreichender Kontrast zwischen Text und Hintergrund und eine angemessener Schriftgröße gewählt werden.
  • Außerdem muss die Homepage gem. § 14 BFSG eine Konformitätserklärung enthalten, in der die Dienstleistung und die zur Realisierung der Barrierefreiheit getroffenen Maßnahmen beschrieben werden.

Weitere Hilfestellen & Ressourcen

Weitere Informationen und praktische Hilfen sind bei der Bundesfachstelle Barrierefreiheit Bundesfachstelle Barrierefreiheit – Barrierefreiheitsstärkungsgesetz erhältlich.

Bußgelder & Abmahnungen vermeiden

Nichtbeachtung der gesetzlichen Anforderungen kann zu Bußgeldern führen. Da es sich überwiegend um Marktverhaltensvorschriften handelt, können auch Mitbewerber Unterlassungsansprüche geltend machen; sie sind damit neben Verbraucher- und Wettbewerbsverbänden klagebefugt.

Tipp

Überprüfen Sie, ob Sie mit Ihrem Online-Angebot in den Anwendungsbereich des BFSG fallen und stellen Sie sicher, dass alle notwendigen Informationen und Funktionen den gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Ein Verstoß gegen die gesetzlichen Vorgaben kann mit Bußgeldern geahndet werden und Sie riskieren von Mitbewerbern oder einem qualifizierten Wirtschaftsverband abgemahnt zu werden.

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