Katja Huber, 20.12..2023

Neuregelungen im Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts durch das MoPeG

Zum 1.1.2024 treten grundlegende Neuregelungen im Recht der Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) sowie der Personenhandelsgesellschaften durch das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) vom 10.08.2021 in Kraft. Die wichtigsten gesetzlichen Änderungen für die GbR sollen kurz skizziert und auf etwaigen Handlungsbedarf für die Gesellschafter hingewiesen werden.

Gesellschaftsrecht

Unterscheidung: Außen- oder Innen-GbR

Das Recht der GbR ist weiterhin in den §§ 705ff BGB n.F. geregelt. Nunmehr wird in § 705 Abs. 2 BGB n.F. klar zwischen der Außen- und Innen-GbR unterschieden. Die Außen-GbR ist rechtsfähig und selbst Trägerin des Gesellschaftsvermögens, also nicht die Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit wie bisher.

Die Innen-GbR ist nicht rechtsfähig und hat kein eigenes Vermögen (§ 740 Abs. 1 BGB n.F.). Die Gesellschafter bilden dann entweder eine Bruchteilsgemeinschaft oder der Gesellschaftsvertrag enthält eine Treuhandabrede, wonach das Vermögen „zur Treuen Hand“ gehalten und verwaltet wird (BT-Drs. 19/27635 S. 190).

Eine Außen- GbR liegt vor, wenn nach dem Willen der Gesellschafter diese gemeinsam am Rechtsverkehr teilnehmen wollen. Ein Indiz hierfür ist z.B. wenn mehrere Gesellschafter eine gewerbliche oder selbständige Tätigkeit ausüben, falls es keine ausdrückliche schriftliche Regelung gibt.

Einführung eines Gesellschaftsregisters

Das MoPeG sieht in § 707 Abs. 1 BGB n.F. für die GbR die Möglichkeit der Eintragung in ein Gesellschaftsregister vor. Die Eintragung ist nicht Voraussetzung für die Rechtsfähigkeit der GbR. Eingetragen werden der Name der Gesellschaft, Sitz und Anschrift, Angaben zu den Gesellschaftern sowie die Vertretungsbefugnis der Gesellschafter, nicht der Gesellschaftszweck.

Die im Gesellschaftsregister eingetragene Gesellschaft führt die Bezeichnung „eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ oder „eGbR“. Der Rechtsformzusatz ist um einen Hinweis auf Haftungsbegrenzungen zu ergänzen (z.B. GmbH & Co. eGbR). Für das Registerverfahren gelten die Regelungen zum Handelsregister entsprechend. Das heißt, dass die Anmeldung elektronisch in öffentlich beglaubigter Form einzureichen ist. Eine Löschung aus dem Gesellschaftsregister ist nur nach den Vorschriften über die Liquidation zulässig (§ 707a Abs. 4 BGB n.F.). Die im Gesellschaftsregister vorgenommenen Eintragungen genießen Gutglaubensschutz z.B. im Hinblick auf die eingetragenen Vertretungsverhältnisse.

Auch die eGbR muss sich zusätzlich im Transparenzregister registrieren. Damit werden nunmehr auch die wirtschaftlich Berechtigten einer Familien-eGbR weitgehend offengelegt.

Grundbesitz

Eine faktische Eintragungspflicht der GbR im Gesellschaftsregister ergibt sich, wenn diese Grundbesitz hält, da eine Voreintragungspflicht im Gesellschaftsregister bei künftigen Grundbuchänderungen eingeführt wird (§ 47 Abs. 2 GBO). Auch wenn die GbR selbst Gesellschafterin einer anderen Gesellschaft ist, die im Handelsregister eingetragen ist, ist die Eintragung für die Aufnahme in die Gesellschafterliste notwendig (z.B. in die Gesellschafterliste der GmbH). Jedenfalls grundbesitzhaltenden GbRs ist vor diesem Hintergrund die (vorsorgliche) Eintragung im Gesellschaftsregister anzuraten, damit es bei einer später geplanten Grundstückstransaktion nicht zu Verzögerungen kommt.

Freie Sitzwahl für die eGbR

Die eGbR kann nach den neuen Regelungen des MoPeG einen Vertragssitz und einen davon abweichenden Verwaltungssitz, der auch in einem anderen EU-Mitgliedsstaat liegen kann, wählen. Voraussetzung ist, dass keine berufsrechtlichen Regelungen entgegenstehen. Die Wahl des Sitzes der Gesellschaft ist also nicht mehr an den Ort der Hauptverwaltung gebunden.

Geschäftsführung und Vertretung der GbR

Nach § 720 Abs. 1 BGB n.F. wird die Gesellschaft wie bisher grundsätzlich durch alle Gesellschafter gemeinsam vertreten. Im Gesellschaftsvertrag kann jedoch hiervon abweichend z.B. die Möglichkeit zur Erteilung von Alleinvertretungsbefugnis vorgesehen werden. In der Praxis findet oft jedenfalls faktisch eine Alleinvertretung im Rechtsverkehr statt. Aus Haftungs- und Beweisgründen ist deshalb der Geschäftsführung dringend zu empfehlen, auf einen schriftlichen Gesellschaftsvertrag zu drängen, in dem die gewünschte Vertretungsregelung niedergelegt ist.

Im Außenverhältnis kann die Vertretungsbefugnis der Gesellschafter nicht auf bestimmte Geschäfte beschränkt werden, sie gilt für alle Geschäfte der Gesellschaft (§ 720 Abs. 3 BGB n.F.). Da die Vertretungsregelung bei der eGbR im Gesellschaftsregister veröffentlicht wird, führt dies zu einer Vereinfachung im Rechtsverkehr. Dagegen muss der Geschäftsführer einer nicht eingetragenen GbR weiterhin eine etwaige Alleinvertretungsbefugnis durch eine Vollmacht nachweisen oder den Gesellschaftsvertrag vorlegen.

Auch für die Geschäftsführung gilt grundsätzlich, dass alle Gesellschafter gemeinschaftlich zur Geschäftsführung berechtigt und verpflichtet sind, anderes gilt, wenn für die Gesellschaft oder das Gesellschaftsvermögen bei Aufschub des Geschäfts Gefahr droht (§ 715 BGB n.F.). Die Geschäftsführungsbefugnis kann ebenso wie die Vertretungsbefugnis abweichend hiervon geregelt werden.

Haftung

Für die Gesellschafter der GbR entfällt die gesetzliche Haftungsprivilegierung nach § 708 BGB, nach der ein Gesellschafter bei der Erfüllung der ihm obliegenden Verpflichtungen nur „für die Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten“ einzustehen hat. Tatsächlich hat die Rechtsprechung schon lange andere Haftungsmaßstäbe angewandt. Der Gesellschafter der GbR haftet nunmehr nach dem allgemeinen Haftungsmaßstab gem. § 276 Abs. 1 BGB, d.h. wenn er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Haftungsbeschränkungen können und müssen im Innenverhältnis oder mit Dritten im Einzelfall ausgehandelt werden.

Die Haftung des ausscheidenden Gesellschafters der GbR auf Schadensersatz gilt künftig dagegen nur noch für solche Pflichtverletzungen, die vor seinem Ausscheiden begangen wurden (§ 728 abs. 1 BGB n.F.).

Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung

Gesellschafterbeschlüsse sind notwendig, wenn über Grundlagengeschäfte (Änderung des Gesellschaftsvertrages etc.) und außergewöhnliche geschäftliche Maßnahmen der Geschäftsführung zu entscheiden ist.

Nach der gesetzlichen Regelung über die Beschlussfassung in Gesellschafterversammlungen der GbR müssen Gesellschafterbeschlüsse mit den Stimmen aller stimmberechtigten Gesellschafter beschlossen werden, soweit nicht ausdrückliche anderes vereinbart ist (§ 714 BGB n.F.). Da jedoch vom Einstimmigkeitsprinzip durch stete Duldung von Mehrheitsbeschlüssen abgewichen werden kann, ist dringend eine Regelung zur Beschlussfassung in einem schriftlichen Gesellschaftsvertrag mit Schriftformklausel zu empfehlen. Eine klare Regelung zu den Voraussetzungen einer Beschlussfassung in einem Gesellschaftsvertrag könne darüber hinaus die Gefahr von Auseinandersetzungen hierüber minimieren.

Nach dem noch geltenden § 709 Abs. 2 BGB ist bei Mehrheitsentscheidungen der Gesellschafter, soweit im Gesellschaftsvertrag nichts Anderes geregelt ist, die Zahl der Gesellschafter maßgeblich (Abstimmung nach Köpfen). Nach § 709 Abs. 3 BGB n.F. richtet sich die Stimmverteilung (und der Anteil am Gewinn)

  • vorrangig nach den vereinbarten Beteiligungsverhältnissen,
  • hilfsweise nach den vereinbarten Beiträgen der Gesellschafter oder
  • mangels entsprechender Vereinbarungen nach Köpfen.

Aufgrund dieses Paradigmenwechsels bei der Beschlussfassung sollte dringend geprüft werden, ob gegebenenfalls Anpassungen des Gesellschaftsvertrages erforderlich sind oder ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag noch niederzulegen ist. Dies kann im Einzelfall bei einem Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer wichtig sein, um für diesen die gesetzliche Sozialversicherungspflicht durch eine qualifizierte Sperrminorität bei Beschlussfassungen abzuwenden.

Das MoPeG sieht außerdem für Handelsgesellschaften (also z.B. die OHG, KG) ein neues Beschlussmängelrecht (§§ 110 ff HGB n.F.) vor. Das Beschlussmängelrecht betrifft die Frage der Anfechtbarkeit und Nichtigkeit von Gesellschafterbeschlüssen. Für eine GbR die aufgrund des Umfangs der Geschäftstätigkeit zur OHG steht, sollte eine Regelung im Gesellschaftsvertrag zu den bei Beschlussmängeln geltenden Regeln verankert werden, da im Recht der GbR andere Regeln gelten.

Ausscheiden von Gesellschaftern

Künftig wird im Falle des Ausscheidens eines Gesellschafters aus einer GbR die Fortführung der Gesellschaft ohne diesen zum Regelfall (§ 712f. BGB n.F.). Scheidet der vorletzte Gesellschafter aus, so geht überdies im Wege der Gesamtrechtsnachfolge das Aktiv- und Passivvermögen der Gesellschaft auf den verbleibenden Gesellschafter automatisch über. Ist dies nicht gewollt, muss durch Gesellschaftsvertrag festgelegt werden, dass die Gesellschaft in einem solchen Falle durch Liquidation auseinanderzusetzen ist. Dementsprechend führen Gründe, die bisher die Auflösung der Gesellschaft bewirkt haben (z.B. Tod eines Gesellschafters), nach der neuen gesetzlichen Regelung nur zum Ausscheiden des betreffenden Gesellschafters.

Steuerliche Auswirkungen und Unsicherheiten

Geplante Anpassung der Abgabenordung und anderer Steuergesetze an das MoPeG, die ursprünglich im sog. Wachstumschancengesetz (Beschlussempfehlung des Deutschen Bundestages, Drucksache 20/9341 v. 15.11.2023) vorgesehen waren, sollen kurzfristig voraussichtlich mit einem anderen Gesetzgebungsverfahren über das sog. Kreditzweitmarktförderungsgesetzes noch in 2023 verabschiedet werden und zum 01.01.2024 in Kraft treten (Bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-982894 v. 13.12.2023).

Ertrags- und Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht

Der Gesetzgeber hat durch § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO-E klargestellt, dass sich an den ertragssteuerlichen Grundsätzen für die Besteuerung von rechtsfähigen Personengesellschaften nichts ändern soll und diese weiterhin als Gesamthand und deren Vermögen als Gesamthandsvermögen gelten. Die Wirtschaftsgüter der GbR werden den Gesellschaftern für die Besteuerung anteilig zugerechnet.

Im Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht soll ebenfalls keine Änderung der Besteuerungspraxis bei Erwerben von Todes wegen und Schenkungen unter Lebenden aufgrund der Rechtsänderungen im Personengesellschaftsrecht eintreten. Änderungen des ErbStG betreffen somit notwendige Anpassungen an das neue Regime des MoPeG.

So soll z.B. ein neuer § 2a ErbStG-E die Fortführung des Transparenzprinzips und des Gesamthandsprinzips im Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht klarstellen. Ist z.B. künftig eine rechtsfähige Personengesellschaft zivilrechtlich „Beschenkte“ eines Schenkungsvorgangs, so soll nicht die Gesellschaft als solche, sondern (weiterhin) die beteiligten Gesellschafter durch die Schenkung schenkungssteuerlich als bereichert anzusehen sein.

Auswirkungen für die Grunderwerbssteuer nach Übergangszeit

Soweit Eigentums- bzw. Beteiligungsidentität an einem Grundstück besteht, ist bisher z.B. die Übertragungen eines Grundstücks der Miteigentümer des Grundstücks auf die Gesamthand (§ 5 Abs. 1 GrErStG), also nach bisherigem Recht von Miteigentümern auf die Personengesellschaft (bestehend aus den Miteigentümern als Gesellschafter), grunderwerbssteuerneutral möglich. Entsprechende Regelungen gelten bei anderen Konstellationen eines Eigentumsübergangs bei Grundstücken, bei denen eine Gesamthandsgemeinschaft involviert ist (§§ 5 abs. 2, 6 Abs. 1-3 GrEStG).

Aufgrund des Wegfalls des Gesamthandsprinzips bei Personengesellschaften sollen nach der Gesetzesbegründung diese Befreiungstatbestände künftig entfallen. Geplant ist mit § 24 GrEStG-E jedoch eine befristete Übergangsregelung, die rechtsfähige Personengesellschaften für Zwecke der Grunderwerbsteuer als Gesamthand und deren Vermögen als Gesamthandsvermögen behandeln.

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