Bei Kauf- und Verkaufssituationen im Mittelstand kennen viele von uns den Einsatz der gängigen Multiplikatorverfahren bzw. das Ertragswertverfahren sowie die bekannten Discounted-Cashflow-Verfahren.
Aus der steuerlichen Perspektive kommt jedoch oft auch der Substanzwert als Mindestwert ins Spiel. Dies, obwohl betriebswirtschaftlich eigentlich nur der Liquidationswert (Barwert der finanziellen Überschüsse aus der Veräußerung der Vermögenswerte abzüglich der Schulden, Liquidationskosten, etc.) Sinn macht.
Somit kann als Zwischenfazit festgehalten werden, dass das Unternehmen bei geplanter Fortführung einen Zukunftserfolgswert hat, welcher in der Regel bei gut aufgestellten Unternehmen den Liquidationswert und auch den Substanzwert deutlich übersteigt. Bei schwächelnden Unternehmen oder Unternehmen in Krisensituationen sieht dies oftmals anders aus.
Der Substanzwert bei Unternehmensvermögen wird durch eine Einzelbewertung der Aktiva und Passiva (Bilanzbild) ermittelt. Die Aktiva werden zum Wiederbeschaffungswert oder Zeitwert bewertet, während die Passiva, also die Schulden, abgezogen werden, um den Nettosubstanzwert zu erhalten.
Es bleibt festzuhalten, dass der Substanzwert im Steuerrecht ein entscheidender Faktor bei der Bewertung von Unternehmensvermögen, insbesondere im Kontext der Schenkung- und Erbschaftsteuer darstellt.
Fazit:
Aufgrund der Ausführungen ist der Substanzwert kritisch zu betrachten. Sollte der Substanzwert tatsächlich den Unternehmenswert durch die anderen Verfahren übersteigen, ist kritisch zu hinterfragen, wie dies sein kann und wo die Quellen hierfür liegen.
Unternehmensbewertungen sind i.d.R. komplex und deshalb sollten – soweit Unternehmensübertragungen in der Familie sowie Unternehmenskäufe und Unternehmensverkäufe nicht zum täglichen Geschäft gehören – Experten in Bewertungsprojekte eingebunden werden, welche sich mit den einzelnen Feldern von Unternehmensbewertungen auskennen.
Was offen ist…
ist nach wie vor die Frage, ob der Liquidationswert nicht als realistische Untergrenze bei der Unternehmensbewertung auch unter der steuerlichen Perspektive die Wertuntergrenze darstellen sollte. Unserer Meinung nach unter Umständen „ja“. Schließlich gibt es Situationen, in denen ein Unternehmen in eine Krise gerät und seine Geschäftstätigkeit nicht fortführen kann. In einem solchen Fall sollte der Liquidationswert tatsächlich den Mindestwert darstellen, welcher im schlimmsten Fall realisiert werden kann. In einem solchen Fall besteht ansonsten die Gefahr, dass Werte zu versteuern sind, welche nicht realisierbar sind. Die Wahl der Methode sollte immer den Kontext und die individuelle Situation des Unternehmens berücksichtigen und somit wäre ein individueller Ansatz und dessen Akzeptanz wünschenswert.